Georges Raillard
composer for guitar & writer
BOOKS/BÜCHER/LIBROS
Nachrichten aus dem Landesinnern
45 kurze Geschichten und 1 Meer
Ob Vogeltüren, Meditationsbälle, Kuckucksbäume, Gottesfische oder ein Regenbogenmuseum – äuβerst fremd mutet uns in diesen Geschichten das Landesinnere an, ein scheinbar entlegenes Paral-leluniversum aus kaum nachvollziehbarem Menschenverstand. Wir treffen auf Leute – die so anders sind, dass sie uns gleichen. Wir betreten eine Welt – die uns so fremd ist wie wir uns selber. Denn jede Reise ist auch eine Reise nach innen in die eigene Fremdheit.
In dieser Gegend gibt es auffälligerweise allein in Zamd Vogeltüren. In benachbarten Ortschaften hingegen bin ich allenthalben auf Affentüren, Bärentüren, Büffeltüren, gar Elefanten- und Löwentüren gestossen, aber nirgends auf Vogeltüren.
„Wieso Elefantentüren, wieso Löwentüren?“, hatte ich gefragt. „Hier gibt es doch gar keine Elefanten und Löwen!“
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Aus dem Hintergrund Chorgesang
und anderes Erzählen
Falsche Termine, falsche Könige, falsche Theaterstücke – kann man überhaupt noch jemandem trauen, der etwas erzählt?, fragt der Leser. Es gibt kein richtiges Erzählen im falschen Diskurs, antwortet der Schreiber. Nur Schwindler sind vertrauenswürdig.
...Auf einmal erklingt aus dem Hintergrund Chorgesang. Aus der Ferne werden unregelmäßige, hölzerne Schläge hörbar. Weit weg wird herumgebrüllt. Die vier Schauspieler scheinen leicht zu erschrecken. Fragend oder gar bestürzt blicken sie einander an und deuten auf den geschlossenen Vorhang. Dann schütteln sie den Kopf, zucken mit den Schultern...
Books on Demand, Norderstedt 2019
ISBN 9783749435661
Books on Demand, Norderstedt 2013
ISBN 978-3-7322-8548-8
Der Lauf des Amazonas
Geschichten
Aus dem Alltag von Flussumleitern, Pflanzentänzern, Schlüsselfressern, Bücherbarbieren und schmetterlingstauglichen Welterrettern.
"Schlimme Geschichte!", meinte jemand.
"Alle Geschichten sind schlimm", erwiderte er.
...Lag er schon länger wach? Von irgendwoher blubberte es; sonst frühmorgendliche Ruhe. Er wälzte sich aus dem Bett, trottete zum Fenster und streckte den Kopf hinaus. Überraschend floss der Amazonas nicht vor seinem Fenster vorüber. Sollte man mal ändern, dachte er; nach dem Frühstück vielleicht. Erleichtert und voller Befriedigung, als wäre mit diesem Gedanken das Große geleistet und, bis auf wenige unwesentliche Einzelheiten, vollendet, legte er sich wieder ins Bett und schlief noch lange, bevor er sich ans Werk machte...
Books on Demand, Norderstedt 2009
ISBN 978-3-8391-2964-7
Herr Monza oder Herr Monza
51 Geschichten
Aufs neue beweist Georges Raillard in den kurzen prägnanten Episoden, in deren Mittelpunkt der unverwechselbar eigensinnige Herr Monza steht, seinen ausgeprägten Sinn für absurde Situationen voller skurriler Komik und eine wunderbar lakonische Ironie. Wer die Hirnströme eines Stubenhockers liebte, wird von diesem Werk begeistert sein.
...Als es dunkel wurde, holte Herr Monza seine Fahne ein. "Ich habe Flagge gezeigt", dachte er stolz, "alle haben es gesehen, doch gemerkt hat es keiner."...
Das Wort und der Schrei
Erzählungen
Georges Raillards doppelbödige, vertrackte und hintergründige Prosa besticht durch Ironie und Sprachwitz. Ohne Selbstzweck zu sein, verweist seine sprachliche Sensibilität auf die Vielschichtigkeit der Wirklichkeit, die der Autor höchst eigenwillig zu spiegeln und zu interpretieren versteht.
...Wenn ich auf dem Bahnsteig warte, bis der Zug kommt, und er kommt lange nicht, und es kommt auch kein Gegenzug, dann herrscht Stille, auch wenn Absätze eine Zeitlang über den Plattenboden klappern, bis sie irgendwo, weiter vorn, stillstehen und warten, während Stimmen, gedämpft, hallend, sich einsilbig austauschen und lange stumme Zwischenräume lassen, und weit entfernt tickert das Räderwerk der Rolltreppe, aber sonst ist es still, denn solange
kein Zug kommt, ist es still, und der Zug kommt immer noch nicht, auch kein Gegenzug, aber es ist eine tote Stille an diesem Ort, der dem Lärm geweiht ist, es ist die Flaute fur das Segelschiff, es ist die Dürre für den Acker, es ist der fehlende Sonnenschein für das Obst, ein Zustand, den es zu überdauern gilt, eine Zeit des Mangels, unerfüllt, jedermann ist unterwegs, aber niemand kommt weiter, solange der Zug nicht kommt, und er kommt schon seit über zwei Minuten nicht, denn das Zugfahren ist das Mittel, um an den anderen Ort zu gelangen, und das Verweilen am anderen Ort ist das Mittel, um Geld zu verdienen, und das Geld ist das Mittel, um sich die Dinge, die man zum Leben braucht, zu kaufen, und das Kaufen der Dinge, die man zum Leben braucht, ist das Mittel, um gesund und kräftig zu bleiben, und Gesundheit und Kraft sind Mittel, damit ich jeden Tag aufstehen, aus dem Haus gehen, mit der Metro wieder an den anderen Ort gelangen kann, jeden Tag, nur dieses Warten, dieses Warten in dieser Abwesenheit jeglichen Lärms, in der diesen Ort entweihenden Stille, schon bald vier Minuten lang…
Hirnströme eines Stubenhockers
und anderes Erzählgut
Das Leben ist absurd und die Banalitäten des Alltags würden uns erschlagen, gäbe es da nicht die Fähigkeit zu verdichten, eine verspielte Phantasie, die mit eleganter Leichtigkeit und subtiler Ironie Skurriles und Groteskes auch dort zu entdecken weiß, wo man außer dem Altbekannten sonst nichts erwartet.
..."Immer wenn mir etwas zu Boden fällt, hebe ich es nämlich nicht gleich auf, sondern warte lieber ab, bis mich irgendwelche Gründe oder Umstände veranlassen, am selben Ort nochmals kriechend vorüberzukomrnen", hatte der Mann erklärt, dem scheppernd das Brillenetui aus Hartplastik zu Boden gefallen war, scheinbar ganz unbesorgt, sogar noch Sekunden, bevor er zur allgemeinen Verblüffung in einen Wurm verwandelt wurde...